Steuerung eines Satelliten mit GNC-Technologien

Was ist ein GNC-System? In welchem Spektrum ist es bei Weltraummissionen einsetzbar?

ORCO

GNC steht für „Guidance“ (Führung), „Navigation“ (Navigation) und „Control“ (Regelung). Die strenge sequentielle Reihenfolge wäre: 1) Die Navigation (der Teil des Systems, der eine Schätzung der Position, der Geschwindigkeit und der Lage unseres Systems liefert), 2) die Führung (berechnet den Referenzzustand, die Position, die Geschwindigkeit und die Lage, um von dem Ort, an dem sich das System befindet, zu dem Ort zu gelangen, den das System erreichen möchte) und 3) die Regelung (berechnet die Aktionen - normalerweise Kräfte und Drehmomente -, die notwendig sind, um dem von der Führung gelieferten Referenzzustand zu folgen). Diese „Definition“ ist auf alle Arten von Systemen anwendbar: Autos, Roboterarme, Satelliten, Weltraumsonden oder sogar Menschen.

Aber vereinfachen wir es. Kurz gesagt steht GNC für Satellitensteuerung. Dank ihr kann sich eine Raumsonde nach links oder rechts bewegen, sanft auf dem Mond oder dem Mars landen, bzw. auf einem Asteroiden aufschlagen.

Hinter dieser allgemeinen Definition verbergen sich enorme Unterschiede zwischen dem bordseitigen GNC-Subsystem für verschiedene Arten von Raumfahrtmissionen aufgrund der Unterschiede innerhalb der Gesetze der Szenariodynamik, der verfügbaren Sensoren („den Augen von GNC“), der verfügbaren Aktuatoren („den Armen und Füßen von GNC“) und des letztendlichen Zwecks/Ziels bzw. der Anforderungen des Raumfahrzeugs (die Gründe, warum es fliegt). Während die algorithmischen Kerntechnologien, die für die drei bordseitigen GNC-Funktionen verwendet werden, oft gleich sind, ist die Anwendung auf die verschiedenen Weltraumszenarien meist sehr unterschiedlich. Auf der anderen Seite sind alle GNC-Systeme in sogenannten Modi organisiert (das sind verschiedene Instanziierungen des GNC je nach den spezifischen Anforderungen/Phasen der Mission), die von einer dedizierten GNC-Modus-Manager-Funktion verwaltet werden. Und in der Regel ist in bordseitigen GNC-Subsystemem auch eine dedizierte Funktion zur Ausfallerkennung, Isolierung und Wiederherstellung (FDIR) vorhanden.

Die Navigations-Funktion basiert in der Regel auf rekursiven Filtern (um im Bedarfsfall eine Weitergabe im Zeitverlauf zu ermöglichen und ein „Gedächtnis“ für langfristig fortbestehende Effekte zu schaffen), die darauf abzielen, die verschiedenen messtechnischen Ergebnisse zusammenzuführen, die verfügbar sind. Die Schätzung von Lage und Position/Geschwindigkeit (PV) ist normalerweise entkoppelt, wird aber in bestimmten Szenarien doch gekoppelt, und der Filterzustandsvektor muss viele Zustände enthalten (einschließlich der Schätzung anderer relevanter Parameter wie unbekannter Verzerrungen durch Messfehler, die zur Verbesserung der endgültigen Navigationsgenauigkeit geschätzt werden müssen). Die am häufigsten verwendeten Filter sind Kalman-Filter (in ihren verschiedenen Varianten).

Die Funktion Regelung basiert gewöhnlich entweder auf herkömmlichen Verfahren (z. B. PD/PID) oder für anspruchsvolle Szenarien heute meist auf robusten Techniken (z. B. µ-Techniken oder H∞). Robuste Techniken ermöglichen die Gewährleistung der Regelungsleistung bei auftretenden Unsicherheiten (aufgrund von Raumstörungen oder Systemunsicherheiten, wie ungenaue Kenntnis des Massenschwerpunkts, flexiblen Modi der Solarzellen oder Schwappen des Treibstoffs).

Gerade die Guidance-Funktion ist wesentlich szenarioabhängiger als die beiden anderen, das sie viel mehr mit dem Lösen von Gesetzen der Dynamik im jeweiligen Szenario zusammenhängt.

In Bezug auf Szenarien und die Anwendung des GNC auf Szenarien kann ein GNC folgendes steuern (nicht erschöpfende Liste): Satelliten in kreisförmigen erdnahen Umlaufbahnen (z. B. Erdbeobachtungssatelliten), Satelliten in kreisförmigen MEO/GEO-Orbits (z. B. Telekommunikationssatelliten), Satelliten in orbitalen Gleichgewichtspunkten, wie den Lagrange-Punkten (z. B. Teleskope), Satelliten in stark elliptischen Bahnen (z. B. PROBA3, bei dem der Apogäumsteil der Bahn einen signifikant ungestörten Zustand bietet, in dem präzise wissenschaftliche Ziele wie die Beobachtung der Sonnenkorona erreicht werden können), interplanetarische Satelliten (z. B. auf dem Weg zum Mond, Mars oder zu Asteroiden), Satelliten in einer Umlaufbahn um einen nicht-irdischen Zentralkörper (z. B. in einer Umlaufbahn um den Mond oder Mars) oder um einen Zentralkörper mit sehr schwacher Gravitation (z. B. Umlaufbahn um einen Marsmond oder um einen Asteroiden/Kometen), planetare Wiedereintrittssonden (mit Atmosphäre, z. B. Erde oder Mars), planetare Landesonden (ohne Atmosphäre, z. B. Mond), Trägerraketen, Rover zur Planetenerkundung, Sammler von Asteroidenproben, ... Die vorstehende Liste bezieht sich auf Missionen mit einem Raumfahrzeug. Bei Missionen mit mehreren Raumfahrzeugen kann ein GNC die Reinigung des die Erde umgebenden Raums (Beseitigung von Weltraummüll) oder die Reparatur defekter Plattformen (Wartungsmissionen, bei denen sich ein Wartungsraumfahrzeug einem anderen Raumfahrzeug nähert und mit diesem gesteuert oder ungesteuert interagiert, um es zu reparieren oder aufzutanken), Formationsflugmissionen (bei denen zwei oder mehr Raumfahrzeuge in Formation fliegen und sich wie eine einzige starre virtuelle Struktur verhalten, steuern, zum Beispiel die PROBA3-Mission während der Apogäumsphase des hochelliptischen Orbits, oder Teleskope, die eine größere Brennweite benötigen, als mit einer einzelnen physischen Struktur erreichbar ist, wie die neue erwartete Generation von Teleskopen für die Erkennung von Exoplaneten), Schwärme von kollaborativen Satelliten oder Schwärme von Rovern zur Erkundungsflug/Infrastrukturerstellung. GMV hat durch seinen Geschäftsbereich, der sich dem Flugsegment und der Robotik widmet, in den letzten 30 Jahren an Aktivitäten im Zusammenhang mit GNC für all diese Szenarien teilgenommen (hauptsächlich mit der Europäischen Raumfahrtbehörde).

Bei allen genannten Missionen/Raumfahrzeugen basiert die Lagebestimmung in der Regel auf der Kombination von drei Sensoren: Sonnensensoren (zur Erkennung der Sonne und zum Gewährleisten, dass die Solaranlagen nach der Trennung von der Trägerrakete und/oder bei Problemen während der Mission auf die Sonne ausgerichtet werden können), Sternverfolger (zur Gewinnung genauer Orientierungsinformationen in Bezug auf die Sterne) und Gyroskope (zur Weitergabe der Lageabschätzung, wenn die Lageänderung höher ist als der Grenzwert des Sternverfolgers oder zur Erkennung/Korrektur einer Situation, in der eine unerwünscht hohe Lageänderung vorliegt, wie z. B. bei einem Triebwerksausfall, einer Kollision mit einem Trümmerteil oder einem Fehler bei der Trennung der Trägerrakete).

Die Positions- und Geschwindigkeitsschätzung basiert in der Regel auf der Verwendung von bordeigenen GNSS-Empfängern (in Umlaufbahnen um die Erde) und bodengestützten Entfernungsmessungen (für interplanetare oder sehr hohe Erdumlaufbahnen).

Bei Missionen mit mehreren Raumfahrzeugen oder bei Missionen auf Planetenoberflächen basiert die relative Navigation in der Regel auf dem Einsatz von Kameras (visuell, infrarot) und Lasersensoren (z. B. Lidar), kombiniert mit 2D/3D-Bildverarbeitungstechniken, um die Position und Orientierung des Raumfahrzeugs in Bezug auf die Umgebung (ein zweites Raumfahrzeug im Falle von Trümmerbeseitigungs-/Wartungsmissionen oder die Oberflächentopographie bei Oberflächen-Rovern) zu ermitteln/erkennen.

Die Antriebsmittel beruhen in der Regel auf Triebwerken und Reaktionsrädern bei orbitalen Raumfahrzeugen (kombiniert mit robotischen Geräten/Manipulatoren für Wartungsmissionen) und Rädern/Springern bei Oberflächen-Rovern.

Stets geht es hier darum, weit und sicher zu fliegen!

Autor: Pablo Colmenarejo Matellano

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